Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache

David still 01 V2

Gebärdensprache ist keine Übersetzung von Lautsprache mit den Händen – sie ist eine eigenständige und vollwertige Sprache. Sie hat ihre eigene Grammatik, Wortstellung, Struktur und Ausdrucksweise (Mimik, Körperbewegung und Mundgestik). Während Lautsprachen über Ton und Wortreihenfolge funktionieren, funktioniert Gebärdensprache visuell und räumlich und nutzt Raumbezug, Bewegung, Mimik und Körperhaltung, um Bedeutung zu vermitteln. Deshalb kann man sie nicht einfach „eins zu eins“ übersetzen – Gebärdensprache ist genauso komplex und vielfältig wie jede gesprochene Sprache.

David still 02

Glossen – Schriftform der Gebärden
Da Gebärdensprache keine Schriftsprache hat, werden Glossen verwendet, um Gebärden aufzuschreiben oder zu analysieren. Man schreibt nicht die gesprochene Lautsprache, sondern was man gebärdet. Das bedeutet für die Satzstruktur, dass die Wortreihenfolge nicht der lautsprachlichen Grammatik entspricht, sondern der Gebärdensprach-Reihenfolge. Für Glossen sind wichtige Regeln zu beachten, unter anderem:

  1. Das Großschreiben aller Gebärden
  2. Pronomen werden mit Index angegeben
  3. Pluszeichen kennzeichnen Wiederholungen oder Mehrzahlen
  4. Raum und Bewegung werden mitgeschrieben
  5. Non-manuelle Marker sind beispielsweise das Hochziehen der Augenbrauen bei Fragen oder Bedingungen oder das Kopfschütteln bei Negationen

     

    David still 04
    David still 03

 

Grammatik der Gebärdensprache
Gebärdensprache hat eine eigene Grammatik, die sich deutlich von der Lautsprache unterscheidet.

1. Zusätzlich zu obigen Regeln
Satzbau / Wortstellung: Eine typische Reihenfolge ist ZEIT – ORT – PERSON – OBJEKT – HANDLUNG. Zudem ist Gebärdensprache topikalisierend, das heißt erst folgt das THEMA und dann ein KOMMENTAR dazu.
Mundbildgestik: Mundbilder sind ein wichtiger Teil der Gebärdensprach-Grammatik. Sie unterstützen oder verändern die Bedeutung einer Gebärde. Mundbilder sind keine lautsprachlichen Wörter, sondern grammatische Zeichen, zum Beispiel geschlossene oder geöffnete Lippen oder entspannter oder angespannter Mund.

2. Pronomen als Index
Anstatt „ich, du, er/sie/es“ zeigt man mit dem Finger, zum Beispiel auf sich selbst, auf Gesprächsbeteiligte oder auf den Ort einer Person.

3. Wiederholungen und Plural
Wiederholung und Plural (Mehrzahl) wird durch Pluszeichen „++“ gezeigt oder durch Bewegung (siehe 4. Raum und Bewegung).

4. Raum und Bewegung
Zeit: Gebärdensprache hat keine Verb-Endungen (wie -te, -en, -st). Zeit wird durch Zeitadverbien (wie gestern, morgen, jetzt) oder räumliche Verortung angezeigt.
Raumgrammatik: Der Raum vor dem Körper wird als Grammatikraum genutzt. Man platziert Personen, Orte oder Dinge im Raum und zeigt Handlungen in diese Richtung.
Klassifikatoren zeigen Form, Bewegung oder Position von Dingen oder Personen.

5. Non-manuelle Marker (NMM)
Mimik, Kopfbewegung und Körperhaltung gehören zur Grammatik.
Negation wird mit dem Wort NICHT oder durch Kopfbewegung / Mimik (Kopfschütteln) gezeigt.

 

Auch interessant:
Wie entsteht ein Gebärdensprach-Video?
Wie funktioniert die Qualitätssicherung bei alangu?
Wie bringen wir unserer KI Gebärdensprache bei?
alangu begrüßt EUD-Grundsätze zu KI und Gebärdensprache